An unserer Schule unterrichten wir in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen. Damit stehen wir bereits in einer langen Tradition. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts sammeln Pädagoginnen und Pädagogen wie Maria Montessori, Peter Petersen (Jena-Plan) und Célestin Freinet Erfahrungen mit altersgemischten Lerngruppen. Ihre Ideen wie Projektunterricht, Wochenplan, Freiarbeit und Förderunterricht bereichern seit Jahrzehnten den Unterricht nicht nur an „Reformschulen“, sondern auch an „Regelschulen“ wie der unseren.

Kindheiten vor zwanzig, ja selbst vor zehn Jahren sahen anders aus als heute. Grundlagen- und Kernkompetenzen, die in der Schule erworben werden mussten und müssen, haben sich verändert. Allein die rasante Entwicklung im Bereich der Medien erfordert die Fähigkeit, aus der Informationsflut auswählen zu können. Team- und Kooperationsfähigkeit, Lern- und Leistungsbereitschaft, Fordern und Fördern, selbstständiges Denken und Entscheiden, weg vom Lernen auf eine Klassenarbeit hin, d. h. lebenslanges Lernen, Flexibilität – alles Anforderungen, die umzusetzen sind. Dazu braucht es neue „Instrumente“, neue Formen.

Die Richtlinien für die Grundschule fordern daher u. a.:

  • neue Formen des Lehrens und Lernens, insbesondere eigenverantwortliches Lernen in selbstgesteuerter Differenzierung
  • selbstorganisiertes und selbstgesteuertes Lernen
  • sinnvolle Wechsel zwischen offenen und gebundenen Unterrichtsformen
  • Sozialerziehung als selbstverständliche Aufgabe des Unterrichts
  • Verbesserung der Kommunikations- und Teamkompetenz innerhalb des Kollegiums

Die genannten Ziele lassen sich zwar auch im entsprechend gestalteten Jahrgangsunterricht erreichen. Die Altersmischung – die den Kindern schon aus dem Kindergarten bekannt ist – bietet jedoch einige wichtige Vorteile. Sie ist für inhaltsbezogenes und methodenbezogenes Lernen ebenso förderlich wie für das soziale Lernen.

Seit dem Schuljahr 2005/06 haben wir mit unterschiedlichen Jahrgangsmischungen gearbeitet. Zunächst gab es fünf Lerngruppen mit Kindern aus vier Jahrgängen (1-4). Seit dem Schuljahre 2013/14 bestehen die Lerngruppen nur noch aus zwei verschiedenen Jahrgängen: 1/2 und 3/4. Von Jahr zu Jahr sind mehr Kinder an der Schule angemeldet worden, sodass wir im Schuljahr 2016/17 acht Lerngruppen bilden konnten (vier Lerngruppen 1/2 und vier Lerngruppen 3/4). Jeweils eine 1/2er- und eine 3/4er-Lerngruppe sind Partnerklassen und arbeiten eng zusammen. Die beiden „Klassenlehrerinnen“ unterrichten in den beiden Lerngruppen wechselseitig so viele Fächer wie möglich (bestimmte Fächer können nur mit einer erweiterten Qualifikation unterrichtet werden, z. B. Englisch, Sport und Religion), so dass für die Schülerinnen und Schüler, die von der 1/2 in die 3/4 wechseln, kein umfänglicher Lehrerinnenwechsel stattfindet. Auf diese Weise …

  • ist ein kontinuierliches Lernen in bekannten Strukturen ohne Bruch möglich.
  • wird Unterschiedlichkeit grundsätzlich als Basis des „Miteinander Lebens und Lernens“ angenommen.
  • ist durch die vielfältige Leistungs- und Kompetenzbandbreite ein Lernen voneinander selbstverständlich – wie bei Geschwistern.
  • übernehmen Jüngere von Älteren Rituale und andere förderliche soziale Verhaltensweisen.
  • findet gegenseitig Erziehung zu Rücksichtnahme in erhöhtem Maße statt.
  • werden soziale Kompetenzen durch Patenschaften, Helfersysteme, Partnerarbeit und Kooperation erweitert.
  • sind die Kinderzahlen in den einzelnen Jahrgangsgruppen geringer, was Beobachtungs- und Differenzierungsmaßen erleichtert.
  • stehen den Kindern einer Jahrgangsgruppe gemeinsame Lernzeiten in kleineren Gruppen zur Verfügung.
  • ist ein unkompliziertes Verbleiben (Vom Gesetz ausdrücklich vorgesehen!) in einer Lerngruppe zwischen einem und drei Jahren in der Flexiblen Schuleingangsphase (1. und 2. Klasse) möglich.
  • müssen die Lehrerinnen sehr eng zusammenarbeiten (Teams, die in unterschiedlicher Zusammensetzung zu festen Zeiten am Nachmittag in der Schule arbeiten.)

Offene und gebundene Formen wechseln in sinnvollen und auf den Unterrichtsinhalt bezogenen Epochen.

  • Unter gebundenen Formen verstehen wir das Gruppengespräch und den lehrerinnenzentrierten Unterricht. Gemeinsam arbeiten alle zusammen an einem Thema, tauschen sich aus, lesen vor, stellen Arbeitsergebnisse vor.
  • Bei offenen Formen handelt es sich um die Arbeit mit dem Tages- und Wochenplan, dem Lernen an Stationen, Lernen in Werkstätten, Freiarbeit und kooperative Lernformen.

In einem Tages- und Wochenarbeitsplan gibt es verpflichtende Arbeit aus den Lernbereichen und Fächern. Gleichberechtigt daneben haben die Kinder aber die Möglichkeit, selbst Arbeiten, Aufgaben und Themen zu wählen, mit denen sie sich auseinandersetzen möchten. Dies dient der Förderung der Selbstorganisation von Lernen, wie Zeiteinteilung und Übernahme von Verantwortung für das eigene Lernen.

Beim Lernen an Stationen gibt es zu einem bestimmten Thema Lernangebote. Die Kinder bestimmen selbst die Reihenfolge ihrer Arbeitsschritte.

Im Rahmen einer Werkstatt erhalten die Kinder zu einem Thema vielfältige fächerübergreifende Lernangebote. Hier gibt es Pflicht- und Wahlaufgaben. Die Kinder können aus den Angeboten auswählen. Es ist das Arbeiten in Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit möglich. Kinder werden zu Experten und helfen Anderen. Auch hier sind wieder – neben der inhaltlichen Lernarbeit – die Selbstorganisation und eine Zeiteinteilung von nicht unterzuordnender Wichtigkeit.

In der Freiarbeit bestimmen die Kinder Inhalte, Aufgaben sowie Arbeits- und Sozialformen selbst. Indem sie ihre Ergebnisse der Lehrerin, einzelnen Kindern und/oder der Gruppe präsentieren, erfahren sie eine Rückmeldung und eine Würdigung ihrer Leistung.

Kooperative Lernformen (nach Norm Green) eröffnen eine Vielzahl an Elementen, die die Sozialkompetenz entwickeln und die Wahrnehmung strukturieren.

Zielsetzungen (nach Bochmann/Kirchmann 2006):

  • Kommunikationsfähigkeit
  • Entwicklung und Unterstützung einer positiven Lerneinstellung
  • Förderung der Selbsteinschätzung
  • Entwicklung des Selbstwertgefühls
  • Bereitschaft zur Teamarbeit
  • Toleranz
  • Respektvoller Umgang
  • Gefühl der Zugehörigkeit
  • Anwendung von Problemlösestrategien
  • Beherrschen von Lernstrategien

Basiselemente:

  • positive Abhängigkeit
  • individuelle Verantwortlichkeit
  • soziale Kompetenzen
  • partnerbezogene Kommunikation
  • Prozessevaluation